Die Hähersaat

Die Hähersaat – wie ein schlauer Vogel schweren Eicheln Flügel verleiht

Jeder von uns kennt es: Das markant durchdringende Gekrächze des Eichelhähers – bei dem jedes Rotkehlchen blass wird! Unüberhörbar warnt er so vor scheinbaren Gefahren und gilt deshalb als Waldpolizist Nummer 1.

Auch wenn sein Gesang ausdrücklich nicht zu den schönsten unter den heimischen Singvögeln gehört: Beim Begründen neuer Waldbestände bzw. als Saathelfer macht ihm so leicht kein anderer Vogel etwas vor!
Vorausschauender Vogel
Der bunte Rabenvogel mit den auffällig blau-schwarz-schillernden Federn an den Schwingen nutzt von Frühjahr bis zum Spätsommer v. a. tierisches Nahrungsangebot, u. a. um seine Jungvögel damit zu versorgen. Im Herbst und Winter nimmt jedoch der pflanzliche Nahrungsanteil stark zu. Dann stehen v.a. Eicheln, aber auch Bucheckern und Haselnüsse, etc. auf seinem Speiseplan. Um über die kalte Jahreszeit zu kommen, legt sich der vorausschauende Vogel einen umfangreichen Wintervorrat an.
So ist es dem Eichelhäher zu verdanken, dass sich diese schwerfrüchtigen Samen nicht ausschließlich unterhalb der Krone ihres Samenbaumes natürlich verjüngen, sondern ihnen quasi „Flügel“ verliehen werden.
Eicheln, Bucheckern und andere Nussfrüchte werden in größerer Entfernung zum Mutterbaum im Boden versteckt. Je weiter der Eichelhäher die Eicheln transportiert, desto mehr Eicheln nimmt er pro Flug mit. Bei weniger als 100 Metern Transportentfernung zwischen Samenbaum und Versteck wird nur jeweils eine Eichel im Schnabel transportiert. Verbringt er die Samen weiter als 100 Meter, werden mehrere, ca. 5 bis 6 Eicheln im Kropf und eine im Schnabel transportiert. Der „Nusshackel“, wie er im bayerischen Sprachgebrauch oft genannt wird, treibt die Eicheln mit gezielten Schnabelhieben v.a. in mit Heidelbeere bewachsene oder tlw. bemooste Flächen und überdeckt sie grob mit Bodenstreu. Vegetationsfreie Flächen werden eher gemieden. Meist wählt der Eichelhäher für jeden Samen ein eigenes Versteck, er legt aber auch Gruppen von Depots an, welche nah nebeneinander liegen. Fachleute schätzen, dass ein einzelner Vogel um die 5.000 Eicheln pro Saison sammelt und im Boden verscharrt!
Vom segensreichen Vergessen
Da der kluge Vogel nur einen Teil seiner Vorräte nutzt und viele Verstecke vergisst, trägt er damit maßgeblich zur Verbreitung und Aussaat von schwerfrüchtigen Baumarten bei! Höhere Dichten von Jungeichen wurden beispielsweise auch noch in Entfernungen von über 250 Metern zu den Mutterbäumen festgestellt. Genetische Untersuchungen belegen, dass Transportentfernungen von 600 Meter und mehr durchaus möglich sind.
Gerade die Eiche (Stiel- und Traubeneiche) hat sich in den letzten Trockensommern auf vielen Standorten bewährt. Ihr wird eine ausgesprochen günstige Klimaprognose sowie ein geringes Anbaurisiko in Zeiten den Klimawandels zugesprochen. Damit wird der Eichelhäher zu einem der wichtigsten Helfer der Waldbesitzer im Waldumbau – vorausgesetzt, die Jagd sorgt für angepasste Schalenwildbestände.
Im Bereich Wackersdorf konnte sich in einem lichten Kiefernbestand eine nahezu flächendeckende Verjüngung von jungen Traubeneichen etablieren. Einzelne alte Traubeneichen-Samenbäume befinden sich in etwa 50 bis 200 Metern Entfernung der Hähersaatfläche. Hier hat der fleißige Vogel ganze Arbeit geleistet.
Die Qualität der inzwischen bis zu 20 Jahre alten Traubeneichen ist bemerkenswert gut. Der pflegende lichte Schirm der Alt-Kiefern soll nun allmählich zurückgenommen werden, um dem Lichtbedürfnis der lichthungrigen Eiche nachzukommen. Ohne Zutun des Menschen wächst hier ein klimastabiler, qualitativ hochwertiger Wald heran, der seinesgleichen sucht. Und das ganz ohne Pflanzschock, ohne gestörte Wurzelentwicklung und ohne Kosten!
Hähersaaten entstehen oft nicht aus einem Guss. Fehlstellen können dann künstlich gut mit Schattlaubholz ergänzt werden wie z. B. Hainbuche, Winterlinde und Rotbuche. Das Schattlaubholz soll später dazu dienen, die Schäfte der Eichen zu pflegen und astrein zu halten.
In lichten Kiefernbeständen, in denen sich lückigere Hähersaaten einstellen, können Weichlaubhölzer, die sich natürlich ansamen, wie z. B. Birke, wertvolle Dienste leisten: Dieses Füll- und Treibholz begünstigt durch seinen sog. „Seitendruck“ die Qualitätsentwicklung der Eichen. Aber Vorsicht - sollten die Weichlaubhölzer die Zielbaumart Eiche zu sehr bedrängen, müssen sie zurückgenommen werden.
Zufütterung
Aber was tun, wenn in großflächigen, nicht standortgerechten Nadelholz-Altbeständen keine geeigneten Samenbäume von Buchen und Eichen vorhanden sind, die eine Eichelhähersaat ermöglichen? Dann kann der Waldbesitzer zu einem Trick greifen und sozusagen „zufüttern“.
Auf sogenannten Hähertellern kann dem fleißigen Vogel Eichelsaatgut angeboten werden.
Dazu werden im Oktober luft- und wasserdurchlässige, flache Kisten (z.B. Gemüsekorb, Brotkiste, Gitterkorb, …), auf einem etwa 1,30 Meter hohen Baumstumpf befestigt, so dass diese für Schwarzwild nicht erreichbar sind. Die Teller werden von Oktober bis November mit etwa
1 Kilogramm Eicheln (und/oder Bucheckern) bestückt. Weil es qualitativ hochwertiger ist, sollte das Saatgut aus zugelassenen Beständen gemäß Forstvermehrungsgutgesetz stammen. Die Verwendung von Saatgut aus dem eigenen Wald ist auch möglich. Alle 2 bis 3 Tage sollten die Eicheln kontrolliert, nachgefüllt und hohle Eicheln aussortiert werden.
Für die Errichtung und den Betrieb von Hähertellern zur natürlichen Verjüngung von Eiche oder Buche können Waldbesitzer vom Freistaat Bayern Fördermittel in Höhe von 200 Euro pro Teller erhalten. Dies gilt nur dort, wo keine entsprechenden Samenbäume in einem Umkreis von 300 Metern vorhanden sind, die eine Hähersaat natürlicherweise ermöglichen könnten. Die Teller sollen dementsprechend einen Abstand von mindestens 300 Metern zueinander haben. Mindestens 25 Kilogramm Saatgut pro Teller und Jahr sollen dem Eichelhäher angeboten werden.
Nach Durchführung der Maßnahme sollte der Häherteller für eine Verwendung im Folgejahr wieder abgebaut werden, Häherteller aus Kunststoff sind wieder aus dem Wald zu entfernen. Falls Sie Interesse an dieser „tiergestützen“ Fördermaßnahme haben, wenden Sie sich bitte an Ihre Beratungsförsterin oder Ihren Beratungsförster am örtlichen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.
Annette Scholz, Bayerische Waldbauernschule